Ort: Waldhausen - Stiftskirche
Interpret(en): Erich Traxler, Cembalo | L'Orfeo Barockorchester
Der Titel des Werkes deutet zumindest zwei Ebenen an. Er ist einerseits ein Wortspiel mit der historischen Funktion des Cembalos als Continuo-Instrument und verweist andererseits auf musikalische Elemente, die im Laufe der Komposition „continuierlich“ verändert werden, wie z. B. Skalen, Rhythmen und Akkorde, die vom Einzelton bis zum Cluster continuierlich aufgebaut werden können.
Die stufenlosen Veränderungen musikalischer Parameter wie z. B. der Dynamik oder der Tonhöhe, die vom Cembalo nicht continuierlich realisiert werden können, werden vom Streichorchester übernommen.
Das Bild der Metamorphose beschreibt den Kompositionsprozess, bei dem die Veränderungen des musikalischen Ausgangsmaterials im Lauf des Entstehungsprozesses, dessen Phasen der Verschriftlichung immer wieder auch unterbrochen wurden, in der Partitur wiedergegeben werden.
William Shakespeare lässt im Sonett Nr. 128, das sich wie ein roter Faden durch das Werk zieht, mit glühenden Worten seine Buhlschaft um die liebende Aufmerksamkeit einer Tasteninstrument-Spielerin gegenüber dem Instrument nachempfinden: „Do I envy those jacks that nimble leap / To kiss the tender inward of thy hand“. In rezitativischer Manier geben die solistisch agierenden Streicher:innen diese Wörter durch ihr Instrument singend wieder, während das Solocembalo Buchstabe für Buchstabe als Reminiszenz festhält.
Ort: Wien - Musikverein
Interpret(en): Christoph Sietzen, Multiperkussion | Wiener Concert-Verein | Alessandro Bonato, Dirigent
Die Begegnung mit diesem Zitat aus der Feder Friedrich Nietzsches verdanke ich einem Buch meines Freundes Markus Schlagnitweit. Seither lässt mich dieser Satz nicht mehr los und ich konnte auf unzähligen Rennrad- oder Schitouren beobachten, wie sich kompositorische Knoten in der Bewegung lösen oder spontane musikalische Ideen, sich auf dem gleichbleibenden Metrum des Pedalierens entwickelnd, rhythmisch ausdifferenzierte Gestalt annehmen.
Der Auftrag des Wiener Concert-Vereins für ein Konzert für Multiperkussion und Streichorchester bot den idealen Rahmen, um meine Beschäftigung mit diesem Zitat Klang werden zu lassen, denn wer könnte „freie Bewegung“ überzeugender verkörpern als ein Multiperkussionist?
Zwischen den 4 Sätzen des Konzertes schaffen 3 Spaciola (= Räumchen) Platz, die jeweils vorangegangene Musik in kleiner Besetzung zu reflektieren. Spaciolum – dieser Begriff entspringt meiner Liebe zu den auch bei Zitaten typischen 3 Punkten der Auslassungszeichen und der Beschäftigung mit deren Geschichte.
Bei einer Jahresschlussschitour am 31. Dezember kamen mir die letzten neuen Takte des Stückes in den Sinn: ein aus der freien Bewegung heraus geborenes, retardierendes Moment mit integrierter Beschleunigung.
Ort: Wien - Musikverein, Brahmssaal
Interpret(en): Erwin Klambauer, Flöte | Wiener Concertverein | Marta Gardolinska
Die Idee zu dieser Komposition liegt viele Jahre, um nicht zu sagen Jahrzehnte, zurück. Erwin Klambauer, Solist der Uraufführung und Widmungsträger dieses Werkes, und ich haben uns 1994 bei der Produktion meiner ersten CD kennen gelernt. Diese wunderbare Zusammenarbeit hat den Wunsch nach einem gemeinsamen Flötenkonzert geboren – ein Auftrag der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien hat diesen Wunsch nun 2019 hörbare Wirklichkeit werden lassen.
Auf der Suche nach einem Ausgangspunkt für dieses Werk für Querflöte und Streichorchester bin ich auf den Vers „Das ist alles Windhauch und Luftgespinst.“ aus dem Buch Kohelet (Koh 1, 14) im Alten Testament gestoßen. Die Bildkraft dieser Zeile, die ich bewusst ihrem ursprünglichen religiösen Kontext enthoben habe, hat mich nicht mehr losgelassen und den Kompositionsprozess ausgelöst.
Dieser Vers findet sich auf unterschiedlichen Ebenen des Werkes wider, die wiederum einander bedingen bzw. miteinander verknüpft sind.
Da ist zunächst die inhaltliche Ebene: Diese Zeile spricht mich nicht nur wegen ihrer wortmalerischen Anspielung an den Klang der Querflöte an, sondern weil ich „Luftgespinste“ liebe, ist es doch das, wovon und wofür wir Komponisten leben. Ich erschaffe mir täglich ein neues, das ich dann zu Papier bringe. Diese Musik will daher ein Plädoyer für die Bedeutung und Kraft der Fantasie und der Vorstellungsgabe sein.
Die Fantasie als Fähigkeit zur Imagination findet in der Fantasie als musikalische Form der einzelnen Sätze eine wunderbare Resonanz.
Auf der Ebene des Materials gewinne ich aus dem Titel sowohl die melodischen als auch die harmonischen sowie die rhythmischen Elemente der einzelnen Sätze. Der III., mittlere, Satz ist mit seiner offene Form, die es dem Solisten ermöglicht, die Abfolge der einzelnen Teile frei zu wählen, die zentrale Ausgangsenergie dieser Musik: eine Fantasie über das Wort FANTASIE. Die Sätze I, II, IV und V greifen symmetrisch Material der Zentralenergie auf und führen es im Sinne einer Spirale weiter. Sie greifen also auf einer nächsten Ebene Material der Ausgangsenergie auf und formulieren es neu … so wie ich Carl Philipp Emanuel Bachs Verständnis von Fantasie aufgreife und für mich neu formuliere. Diese Musik fühlt sich der Unendlichkeit einer Spirale verbunden und ist daher keine abgeschlossene Komposition mit Anfang und Ende, sondern die Einladung an Hörer_innen und Interpret_innen, durch diese Musik wie durch ein Fenster in eine andere Welt zu hören bzw. zu blicken.
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Ort: Grein - Schloss Greinburg
Interpret(en): Carin van Heerden, Blockflöte | L'Orfeo Barockorchester
Ausgangspunkt dieses Blockflötenkonzertes ist die Analogie von Sprache und Musik. Der Titel der Werkes ist ein Incipit (§ 4) aus jenem berühmten Artikel von Johann Mattheson in seinem Buch „Der vollkommene Kapellmeister“, in dem er unter dem Begriff der „Klang-Rede“ die Ähnlichkeit von Musik und Sprache beschreibt.
In diesem Sinne beginnt das Werk auch mit dem Klang des gesprochenen Wortes, der nach und nach in instrumentale Musik übergeht.
In den einzelnen Sätzen werden unterschiedliche Verfahren angewendet, um aus den Satztiteln musikalisches Material zu gewinnen: die Verwendung musikalisch verwertbarer Tonbuchstaben (II), die Übertragung des Sprachrhythmus in musikalischen Rhythmus (V), die Verwendung des Morsecodes als rhythmische Darstellung einzelner Buchstaben (VI) oder eine exakte Zuordnung einer Tonhöhe zu je einem Buchstaben, erlaubt doch das Soloinstrument nahezu gleichviele Töne wie das Alphabet Buchstaben hat (VIII).
Spannend für mich als Komponist ist neben diesem musikimmanenten Ansatz auch der Umstand, für ein Orchester zu schreiben, das ausschließlich auf historischen Instrumenten musiziert. Das Cembalo, ein Continuo-Instrument dieser Zeit, dessen Funktion vorwiegend in der Begleitung bestand, verlässt in diesem Werk seine Rolle als Begleiter und wird zu einem Dialogpartner auf Augenhöhe, zu einer Art „Gegensolist“.
Ort: Reutlingen (D) - Stadthalle
Interpret(en): Kian Soltani, Violoncello | Württembergische Philharmonie Reutlingen | Ola Rudner
„Im 16. und 17. Jahrhundert war es üblich, dem Werk eine Reihe von Lobgedichten aus fremder Feder voranzustellen“, schreibt Susanne Lange in ihrer Neuübersetzung des Romans Don Quijote von der Mancha des spanischen Autors Miguel de Cervantes. Nachdem Miguel de Cervantes offenbar keine Dichter für diese Aufgabe fand, machte er aus der Not eine Tugend, verfasste diese Lobgedichte in Sonettform selbst und legte sie bekannten Figuren aus Ritterromanen der damaligen Zeit in den Mund.
Ich möchte mit meinem Werk dem Dichter diesen Wunsch der Lobgedichte aus berufenem Munde gleichsam posthum erfüllen und einige jener Komponisten zu Wort kommen lassen, die sich seit dem Erscheinen des Romans zu Kompositionen inspirieren ließen. Sie setzten die seltsamen und wunderbaren Abenteuer des Ritters von der traurigen Gestalt in Musik und erwiesen damit ihrem Schöpfer die Referenz – daher der Titel hoc scripserunt, d.h. sie haben dies geschrieben.
Dieser Vers ist ein Zitat aus dem Ende des 1. Teiles des Romans, wo Cervantes nun erfundene „Mitglieder der Akademie von Argamasilla“ mit abschließenden Sonetten zu Wort kommen ließ. Ich lese die von Miguel de Cervantes für die Lobgedichte gewählte Form des Sonetts, das übersetzt so viel wie „Klanggedicht“ heißt, als Einladung zur musikalischen Umsetzung.
Obwohl die Sonette keine Stilkopie sind, kommt jeder Komponist mit einem kurzen Originalzitat zu Wort, das – meist versteckt – in die Textur der Komposition eingewoben ist.
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Ort: Mülheim an der Ruhr (D)
Interpret(en): Christoph Soldan | Baden Badener Philharmonie | Judith Kubitz
Als Inspirationsquelle für a piacere, das auf Anregung und Wunsch des Pianisten Christoph Soldan entstand, diente mir in mehrfacher Hinsicht das Klavierkonzert KV 415 von Wolfgang Amadeus Mozart. Zu diesem Werk habe ich neben meiner intensiven Verbundenheit mit dem Schaffen Mozarts durch meine Arbeit für die NEUE MOZART AUSGABE auch eine sehr persönliche Beziehung, ist es doch das einzige Klavierkonzert, das ich selbst interpretieren durfte.
Der wohl offensichtlichste Bezug ist die Wahlmöglichkeit der Besetzung: Klavier und Streichorchester oder Klavier und Streichquintett – wie es beliebt, eben „a piacere“. In meiner Vorstellung höre ich eine Balance zwischen orchestral gedachter Kammermusik und kammermusikalisch gedachter Streichorchestermusik – daher der Untertitel der Orchesterfassung „Kammermusik für Klavier und Streichorchester“.
Das melodische Material habe ich direkt dem „Eingang“, einer Miniaturkadenz in Takt 199 des 1. Satzes von Mozarts KV 415 entnommen und durch die Veränderung der Oktavlagen aus einem wörtlichen Zitat eine scheinbar zitatfreie Textur geschaffen – die Geste bleibt erhalten. Die rhythmischen Gestalten nähren sich immer wieder von der Figur des an- und abschwellenden Trillers bzw. der Impulsfolge 4–1–5.
In diesem einsätzigen Werk wechseln metrische streng notierte Teile mit rhythmisch freier notierten, „a piacere“ überschriebenen Teilen des Klaviers, bevor eine von der eröffnende Trillerfigur inspirierte oszillierende Streicherfigur – wie in Mozarts Konzert – den Ausklang von a piacere begleitet.
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Ort: Linz – Brucknerhaus
Interpret(en): Clemens Zeilinger | Ensemble Karussell
Der Pianist Clemens Zeilinger, „Artist in Residence“ des Linzer Brucknerhauses in der Saison 2011/2012, wünscht sich zum Ausklang seiner „Residence“ ein Klavierkonzert mit Orchester, aber ohne Dirigent. Diese Vorgabe hat weitreichende Konsequenzen für die Komposition.
Um eine optimale „Befehlskette“ zu garantieren, sprich: eine gesicherte zeitlich-optische Koordination zu gewährleisten, ohne dem Pianisten eine dritte Hand abzuverlangen, habe ich eine spezielle Orchesteraufstellung entworfen. In dieser Aufstellung kann der Pianist in direktem Augenkontakt mit den Perkussionisten kommunizieren, die ihrerseits wieder mit ihren “Schlagbewegungen“ die jeweiligen Streicher- bzw. Bläsergruppen koordinieren.
Die Besonderheit, dass ein Solokonzert dafür komponiert wird, ohne Dirigenten aufgeführt zu werden, verlangt auch einen inhaltlichen Akzent. Der Titel dieses Werkes ist ein Zitat aus dem Gedicht „Gebüsche“ von Friedrich Schlegel. Ich lese darin einen musizierimmanenten Hinweis, dass im Musizieren ohne Dirigenten das „heimliche Lauschen“, das GUTE ZUHÖREN eine unabdingbare Voraussetzung für das Gelingen ist – groß besetzte Kammermusizierkunst auf höchstem Niveau.
Und: der Titel hat direkt mit dem Künstler Clemens Zeilinger zu tun, denn er steht als Motto auf der Startseite seiner Homepage – und es soll ja „sein“ Konzert werden.
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Dem Zuhörer eröffnet das Werk, das mit einer Art Urknall der Becken beginnt und in dem es fortan spannungsgeladen brodelt wir in einem Dampfkessel, ein breites Feld an Assoziationen. Immer wieder mischen sich donnergrollende Paukenwirbel bedrohlich unter die Instrumentengruppen, deren Klangmöglichkeiten der Komponist geschickt ausgeschöpft hat. Im heller, freundlicher klingenden Mittelteil mag sich der Vergleich mit einem surrenden Insektenschwarm, flimmerndem Licht auf einer Wasseroberfläche einschleichen, vor einem „Finale furioso“. Oberösterreichische Nachrichten
Das in Struktur, Artikulation und Klanggestaltung unterhaltsame Bravourstück provozierte zu Recht langen Beifall! Kronenzeitung
Die motivisch gebauten zwei Sätze haben eine starke inhaltliche Aussage in der Sprache, tradierter Muster, ihr (be)rauschender Feinklang kommt aus einem besonders farbig instrumentiertem Orchester, das auch packende rhythmische Passagen vorantreibt. Volksblatt |
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Ort: Bozen (I) – Konzerthaus
Interpret(en): Christian Altenburger, Violine | Reinhard Latzko, Violoncello | Haydn Orchester | Gustav Kuhn
Die Gattung des Solokonzertes ist für mich immer hinterfragenswert: Warum einer gegen alle oder alle gegen einen. Daher habe ich in nahezu all meinen Solokonzerten eine Art Soziogramm im Sinne der Beschäftigung mit dem Verhältnis des Einzelnen zu einer größeren Gruppe bzw. Masse versucht.
Bei einem Doppelkonzert – noch dazu mit den gleichen Instrumenten als Solisten wie im Orchester – war der Zugang für mich lange unklar, bis ich Daniel Glattauers Buch „Gut gegen Nordwind“ geschenkt bekam: Zwei Menschen treffen zufällig aufeinander und es entwickelt sich ein Ringen darum, ob die Faszination des „Duos“ oder ihres angestammten sozialen Umfelds stärker ist … ein unerschöpflicher Reichtum an Kräften beginnt zu wirken.
Auf der rhythmischen Ebene der Komposition ist der Buchstabenrhythmus des Glattauertitels (Gut gegen Nordwind = 3 + 5 + 4 + 4) ein zentraler Impulsgeber, auf der harmonischen Ebene das Material der Tonbuchstaben des Kompositionstitels (D – A – As – G …) die Materialquelle und auf der gestischen Ebene spielt das repetetive Moment als konstitutives Element des Flügelschlages eine entscheidende Rolle.
Dass im Glattauertitel das „G“ ein repetitives Element ist, derselbe Titel vom Intervall G – D umrahmt ist, der Kompositionstitel mit D – A anhebt und diese Quinten als leeren Saiten ureigenstes Klangmaterial der Soloinstrumente sind soll andeuten, wie eng und zugleich weitreichend die kompositorischen Verknüpfungen dieses fünfsätzigen Werkes sind.
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Sie sind schon fast Gewohnheit – die sprechenden Titel des Helmut Schmidinger. Auch sein neues Opus ‚… das Geräusch von den Flügeln, die einander berührten …’ ist da keine Ausnahme. Das Doppelkonzert für Violine, Cello und Streichorchester birgt interessante ‚Konflikte’, da zwei ähnliche Instrumente von sich selbst begleitet werden. Nicht Differenzierung ist das Wesen dieser Komposition, sondern die Strukturierung eines Einheitsklanges. Und da kam ihm Daniel Glattauers Buch ‚Gut gegen Nordwind’ sehr entgegen, in dem ähnliche Konflikte ausgelöst werden. [...] Ein gelungener Wurf! Christian Altenburger und Reinhard Latzko waren die fulminanten Solisten Oberösterreichsiche Nachrichten |
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Ort: Tokyo – Suntory Hall
Interpret(en): Hibiki Kobayashi / Österreichisch-Ungarische Haydn Philharmonie / Adam Fischer
Für das Konzert für Violine und Orchester mit dem Titel Metamorphosen über „Joseph Haydn“ habe ich einen ungewöhnlichen Weg der Melodiebildung gewählt: Das Hauptthema wird aus den musikalisch verwertbaren Tonbuchstaben des vollständigen Namens Franz Joseph Haydn gebildet, der zufällig drei leere Saiten enthält – also wie geschaffen für ein Violinkonzert.
Die Form des in seiner Anlage klassisch dreisätzigen Werkes ist eine Referenz an das an Gattungen reiche Schaffen Joseph Haydns: Jeweils unterschiedliche Besetzungen ausgewählter Werke des Komponisten kennzeichnen neue Teile der Metamorphose. Am Beginn die Besetzung der Sinfonia Concertante, dann ein Streichquartett, das Oboenkonzert, ein Streichtrio, ein Violoncellokonzert, etc.
Die kammermusikalischen Teile des Konzertes sind auch eine Referenz an die Widmungsträgerin und Solistin des Konzertes, die ihre musikalische Heimat in der Kammermusik sieht.
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Ort: Wien – Musikverein, Brahms-Saal
Interpret(en): Christian Altenburger, Violine | Julia Stemberger, Sprecherin | Wiener Concert-Verein | Krzysztof Penderecki
Was mich am Text Kästners besonders inspiriert hat, ist die große Spannung, die sich durch den scheinbaren Widerspruch ergibt, eine so grausame Fiktion
in so formvollendet unaufgeregter, vierzeilig gereimter Gedichtform darzustellen.
Die Form des Solokonzertes habe ich gewählt, weil mir die Beleuchtung des Individuums in einem stark von Kollektiven (Weltregierung, Menschheit)
geprägten Text eine interessante zusätzliche Facette erscheint. Und so ist eine Art Doppelkonzert entstanden.
Die drei Zeitstufen des Textes (12. Juli, 13. Juli und Jetzt) spiegeln sich in der Intervalldramaturgie der Tonfolge c-h-fis (absteigende kleine
Sekund, aufsteigende reine Quint - und damit sind wir bei einem konstitutiven Element der Violine) wider.
Die Rondo-Form ist nicht nur aus dem "völlig beruhigten Dahinrollen der Erde auf ihrer bekannten elliptischen Bahn" inspiriert, sondern spielt auch mit
der Assoziation des Rondos als "Kehraus".
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... Vergangenen Mittwoch war eine Vertonung des „Letzten Kapitels“ im Stadt-theater Wels zu erleben, für die Helmut Schmidinger eine ebenso unspektakulär und dadurch höchst bezwingende Musik erfunden hat. ... Oberösterreichische Nachrichten
Ein „Kapitel“, dass zu faszinieren wusste Neues Volksblatt
… Mit „Das letzte Kapitel“ von Helmut Schmidinger präsentierten die Musiker des Concert-Vereins eine Uraufführung: Julia Stemberger liest, Christian Altenburger brilliert im Solo-Violinpart. Basis des Werkes ist Erich Kästners bitteres Gedicht aus den 30er Jahren, das von der freiwilligen Auslöschung menschlichen Lebens auf der Erde handelt. Schmidinger hat dazu eine schwelend gefahrvolle Musik geschrieben, die gekonnt Spannungen aufbaut. Kronen Zeitung |
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Ort: Wels – Stadttheater
Interpret(en): Peter Tavernaro, Oboe | Bruckner Orchester Linz | Ingo Ingensand
Das zweisätzige Werk hat ein Zitat aus Jak 3,1-12 zum Titel, der von der Macht der Zunge handelt. Er beschreibt die Auswirkungen der Zunge, ihre Unbezähmbarkeit, ihr entflammende und zugleich verzehrende Wirkung.
Der Titel ist auf zwei musikalischen Ebenen für mich von Bedeutung. Einerseits ist die Zunge und Ihre Beherrschung eine speziell für Bläser existentielle Frage. Zugleich aber will hier die Oboe als „pars pro toto“ für die Musik und ihre Folgen ganz allgemein verstanden werden.
Andererseits wird das Zeichen des Rads, der Unendlichkeit in der musikalischen Form eines „quasi Rondo“ bzw. einer „quasi Passacaglia“ versinnbildlicht und die Auswahl des verwendeten Tonmaterials und der rhythmischen Strukturen ist eng mit der Verwendbarkeit musikalischer Tonbuchstaben im Titel verbunden.
Die oben beschriebene Ambivalenz von „in Brand setzen = in Bewegung versetzen“ und „verbrennen = vernichten“ spiegelt sich nicht nur in den abrupten Temporückungen des ersten Satzes wider. Wichtiger noch als ein scheinbar wohl überlegtes und gut erklärbares Kompositions-prinzip ist aber die Freiheit, sich zugunsten der Musik über alle eigenen Regeln hinweg zu setzen.
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… Helmut Schmidinger hat ein sehr wirkungs- und effektvolles Oboenkonzert ge-schrieben, das technisch nicht leicht, aber spielbar ist, und das uns hoffentlich ab und zu in den Konzertprogrammen begegnen wird. … Oboe-Fagott – das Magazin für Doppelrohrblattbläser 2/2005 |
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Ort: Wels - Stadttheater
Interpret(en): Wolfgang Reifeneder, Pauken | Welser Kammerensemble | Helmut Schmidinger
Diese besonders für die Pauken virtuose Toccata ist ein Kompositionsauftrag des Landes Oberösterreich anläßlich der Eröffnung der Landesausstellung in Wels und hat eines jener Ereignisse zum Thema, durch die sich der Name dieser Stadt unauslöschlich in den Geschichtsbüchern verewigt hat: der Tod Kaiser Maximilians I in der Welser Burg.
Dem Weißkunig - diesen Namen hat sich Maximilian in seiner Quasi-Autobiographie selbst gegeben -, der sich in Innsbruck, wo er 1493 zum Kaiser gekrönt wurde, ein Grabmahl hat errichten lassen, wird mangels "finanzieller Ausstattung" der Einlass in diese Stadt verwehrt. Er setzt also seinen Weg - in dieser Toccata vom Lied "Innsbruck, ich muss Dich lassen", das er nach einer Legende selbst umgedichtet haben soll, immer wieder quälend unterbrochen - nach Wels fort, wo er am 12. Jänner 1519 "im Exil" verstirbt.
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… Faszinierend Helmut Schmidingers Mischung aus Paukengewirbel und emotio-nellem „Innsbruck ich muss dich lassen“ - Geklage in „Weißkunigs letztem Ritt“ … Oberösterreichische Nachrichten |
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Ort: Dornbirn, Kulturhaus
Interpret(en): Sharon Kam / Gerhard Hofer / Festival Strings Lucerne / Achim Fiedler
Als einem Liebhaber der Musik Alban Bergs liegt für mich bei der Besetzungsvorgabe der 13 Streicher der "Festival Strings Lucerne", dem Auftraggeber dieses Werkes, sofort die Idee eines Pendants zu Bergs "Kammerkonzert für Klavier und Geige mit 13 Bläsern" nahe. Das Soloklavier habe ich übernommen und anstatt der Violine habe ich mich in Anlehnung an Bergs eigenhändiger Bearbeitung des zweiten Satzes aus dem Kammerkonzert für eine Klarinette entschieden.
"Wenn die Strenge ein wenig nachgibt, sowie die Gerechtigkeit dem Erbarmen, dann liegt darin alle Schönheit der Erde." Dieses Zitat, dessen Eröffnungsworte den Titel bilden, von Gilbert K.Chesterton, beschreibt für mich gleichsam den "idealen" Kompositionsprozess, dem - wiederum in Anlehnung an Bergs "Kammerkonzert" - ein strenger Bauplan zugrunde liegt, der aber immer, wenn es notwendig scheint, zu Gunsten der Musik ausser Acht gelassen wird.
... der sehr kompetent wirkende Pianist Gerhard Hofer, ... ganz besonders aber die aus Israel stammende, weltweit tätige, attraktive Klarinettistin Sharon Kam. Sie beide taten sich mit den Festival Strings zusammen, um ein Werk des 1969 geborenen Helmut Schmidinger uraufzuführen, das beim Publikum im Kulturhaus Dornbirn Bravorufe auslöste. Mit dem virtuos konzertierenden Gestus, der etwa an Rachmaninow erinnerte, mit sehr musikantischen, tonal orientierten Passagen, andererseits mit Stellen, die sehr verinnerlicht und sphärisch klangen, traf es auch sehr den Geschmack der HörerInnen. Und das ist nur positiv zu sehen, denn es geschah auf hohem Niveau. Neue Vorarlberger Tageszeitung ... Die fast halbstündige, pausenlose Komposition öffnet kompositorisches Neuland von kompromisslosem Ernst, atmosphärischer Dichte, absoluter Eigenbedeutung und hohem Kontrastreichtum. Es schöpft viel Wirkung aus der phantasievollen, suggestiven Behandlung und Gegenüberstellung der Instrumente, wobei an alle Ausführenden ins Virtuose reichende Anforderungen gestellt werden. Neues Volksblatt |
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Ort: Thalheim – Pfarrkirche
Interpret(en): Sophia Geisselhofer, Klavier | Grieskirchner Kammerorchester | Gunter Waldek
In diesem einsätzigen Werk, das von der Landesmusikschule Thalheim aus Anlass ihres 10jährigen Bestehens in Auftrag gegeben wurde, wird die Gattung des „Solokonzerts“ als ein Spiegel des Verhältnisses vom Einzelnen (=Solist) zur Masse (=Orchester) betrachtet. Diese gegenseitigen Wechselwirkungen waren der Ausgangspunkt für die Auswahl der Briefstellen, die in den musikalischen Verlauf auf unterschiedliche Art und Weise eingebunden sind und vom Sprecher vorgetragen werden.
„Öffentliche“ Briefe – von offizieller Stelle an den einzelnen Bürger oder von Schrift-stellern an eine ganze Nation - wechseln sich mit „privaten“, die von sehr persönli-chen Erfahrungen mit den möglichen Folgen berichten, in Form eines „Rondos“ ab. Die Musik übernimmt dabei die Funktion des subjektiven Kommentators.
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Ort: St. Florian - Stift, Marmorsaal
Interpret(en): Christian Altenburger, Violine | Bruckner Orchester Linz | Martin Sieghart
Der Titel AKROSTICHON bezeichnet ursprünglich ein Gedicht, bei dem die Anfangsbuchstaben von oben nach unten gelesen einen Namen ergeben. Im Laufe seiner Geschichte wurde das Akrostichon zu einem beliebten poetischen Spiel um den Namen des Empfängers oder des Verfassers anzudeuten.
In diesem Fall ist es ein Akrostichon mit dem Namen des Widmungsträgers dieses Violinkonzertes: Christian Altenburger.
Das Konzert ist in seiner Großform zweisätzig, wobei die beiden Sätze ohne Unterbrechung aufeinander folgen. Der erste Satz besteht aus neun Teilen, wobei jedem Teil ein Buchstabe des Vornamens zugeordnet ist während den elf Teilen des zweiten Satzes die Buchstabenfolge des Nachnamens als formales Konzept zugrunde liegt. Gleiche Buchstaben entsprechen sich entweder im verwendeten kompositorischen Material oder in der Instrumentation, wodurch eine geschlossene Form erreicht werden soll.
Auch bei der Bildung von Melodie und Rhythmus habe ich auf die musikalisch verwertbaren Buchstaben von Christian Altenburger (C, H, S=Es, A, E, B und G) zurückgegriffen - ein besonderer Zufall ist, dass in diesem Namen die Bezeichnung von drei der vier leeren Saiten der Violine vorkommen, nämlich G, A und E.
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... Schmidinger fasste das Konzert griffig und abwechslungsreich in den instrumentalen Farben, die Verarbeitung des Materials verrät Gründlichkeit, aber auch Gespür für Wirkung und Spannung, die sich besonders im Mittelteil nachhaltig aufbaute. Der Beifall des Publikums bekundete, daß das Werk unmittelbar anzusprechen versteht ... ... Altenburger verhalf dem imponierenden Erstling mit viel Hingabe und Brillanz zu einer für die zeitgenössische Musik ganz und gar nicht selbstverständlichen Erfolgsaufnahme ... |
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Ort: Linz - Brucknerkonservatorium
Interpret(en): Martin Rummel | Oberösterreichisches Kammerorchester | Helmut Trawöger
Ort: Wien - Konzerthaus, Mozart-Saal
Interpret(en): Christian Altenburger / Österreichische Kammersymphoniker / Ernst Theis
Die etwas eigentümliche Besetzung dieses Werkes war die Vorgabe eines Wettbewerbes der "Jeunesse musicale" und bezieht sich auf die gleiche Besetzung des Violinkonzertes von Kurt Weill, das am Abend der Uraufführung auch auf dem Programm stand.
Ich habe aber in meinem Konzert weder was das Material noch was die Struktur oder die Form betrifft in irgendeiner Weise auf das Stück von Weill bezug genommen.